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Vertragshilfe24 Sven Enger: Kein Verlass auf Kapitallebensversicherung

Autor: Thomas Breithaupt · Zuletzt aktualisiert: 14.06.24

Finanzen Recht Versicherungen · 7 Min. Lesedauer

Vertragshilfe24 Sven Enger: Kein Verlass auf Kapitallebensversicherung - Titelbild

Der Hamburger Versicherungsvorstand außer Dienst und heutige Experte von Vertragshilfe24 Sven Enger (58) stellt der Protektor Lebensversicherungs-AG, dem Sicherungsfonds der Lebensversicherer, aus Berlin ein mieses Zeugnis aus: Protektor deckt nur 1 Promille der Rückstellungen der Mitglieder ab.

Das Wichtigste in Kürze

 

► Lebensversicherer haben keine vergleichbaren Absicherungen wie die Banken.

 

► Bei Lebensversicherungen sind Summen investiert, die das Volumen des Bundeshaushaltes um ein Vielfaches übersteigen. Weshalb der Staat bei großen Pleiten nicht wirklich helfen kann.

 

► Das Verbraucherportal Vertragshilfe24 hat ein zweistufiges Ausstiegsverfahren aus einer unrentablen Lebensversicherung entwickelt, bei dem der Kunde ein Vielfaches aus dem Rückkaufswert herausbekommen kann.

 

Kapitallebensversicherungen eignen sich heute nicht mehr zum Vermögensaufbau. Aber SQUAREVEST.AG fand auf dem Kapitalmarkt einige Alternativen: Riester-Rente, Rürup-Rente (staatlich geförderte Rentenprogramme des Bundes), betriebliche Altersvorsorge, Fondssparpläne auf ETF-Basis, Immobilienkauf oder -finanzierung als Altersvorsorge, Alternative Investments oder auch US Life Settlements (Kauf fremder Lebensversicherungen als Kapitalanlage mit sicherer Rendite und guter Wertentwicklung).

Absicherung durch Lebensversicherungen lässt nach

 

Die Attraktivität der Kapitallebensversicherung als Geldsicherung hat sprunghaft nachgelassen, seit deren Auszahlungen nicht mehr steuerfrei, sondern für Verträge ab 2005 mit einer Abgeltungssteuer belegt werden. 

 

Sie sank nochmals, als der Garantiezins für Verträge ab 2017 von einst 4 auf 0,9 Prozent herabgesetzt wurde und somit von den Kosten und Gebühren komplett aufgegessen wird. 

 

Nun könnte man meinen, dass ja wenigstens das eingezahlte Geld sicher sei, weil die Versicherer – es sind Privatunternehmen, die wie jedes Privatunternehmen auch insolvent werden können – im Jahr 2002 eine Auffanggesellschaft für den Notfall eingerichtet haben: die Protektor Lebensversicherungs-AG in Berlin, den Sicherungsfonds für die Lebensversicherer.

Versicherungs-Insider Sven Enger (58) aus Hamburg © Vertragshilfe24.de
Versicherungs-Insider Sven Enger (58) aus Hamburg © Vertragshilfe24.de

Protektor für Lebensversicherer zu schwach – nur 1 Promille der Rückstellungen der Mitglieder

 

Leider reicht der Fonds von der Protektor Lebensversicherungs-AG nicht aus, klärt Sven Enger gegenüber SQUAREVEST.AG auf. 

 

Denn die Verordnung über die Finanzierung des Sicherungsfonds für die Lebensversicherer legt gleich im § 1 fest: „Der Umfang dieses Sicherungsvermögens soll 1 Promille der Summe der versicherungstechnischen Netto-Rückstellungen aller dem Sicherungsfonds angeschlossenen Versicherungsunternehmen betragen.“ Das sind 74 Lebensversicherungsgesellschaften oder Niederlassungen in Deutschland und 2 deutsche Pensionskassen.

Interview mit Sven Enger von Vertragshilfe24: Versicherte müssen um ihre Investition bangen

 

SQUAREVEST.AG: Herr Enger, Lebensversicherungen geraten immer wieder in die Schlagzeilen, weil sie Probleme haben, ihre Zusagen einzuhalten. Die Unternehmen selbst scheinen von ihrem Geschäft nicht hundertprozentig überzeugt zu sein. Denn sie haben bereits vor über 20 Jahren eine Sicherungseinrichtung namens Protektor Lebensversicherungs-AG gegründet, um die Kundengelder zu schützen. Wie beurteilen Sie selbst die aktuelle Lage?

 

Sven Enger: „Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Anbieter sind seit Jahren kaum noch zu übersehen. Die erste Situation, in der Protektor aktiv wurde, war die drohende Insolvenz der Mannheimer Lebensversicherungs-AG 2003. Damals konnte man sich auf die Schultern klopfen, denn es gelang durch die Übernahme der Bestände, große Verluste für die Kundinnen und Kunden abzuwenden. 

 

Wie viel Sicherheit diese Gesellschaft jedoch tatsächlich bieten kann, falls die Branche ihre Probleme nicht grundsätzlich löst, ist zweifelhaft. 

 

Man muss sich nur einmal überlegen, dass in Lebensversicherungen Summen investiert sind, die das Volumen des Bundeshaushaltes um ein Vielfaches übersteigen. Es ist nicht nur meine Befürchtung, sondern die vieler Expertinnen und Experten, dass Probleme bei mehr als einem Unternehmen das Potenzial für eine Wirtschaftskrise haben.“

Versicherungs-Insider Sven Enger (58) aus Hamburg © Vertragshilfe24.de
Versicherungs-Insider Sven Enger (58) aus Hamburg © Vertragshilfe24.de

Vertragshilfe24 Sven Enger: Kapitallebensversicherungen haben keine Sicherheiten wie Banken

 

SQUAREVEST.AG: Das erinnert leider an die Bankenkrise ab 2008. Für Banken wurden verschiedene Sicherheitsmechanismen entwickelt, und es gibt für Privatkunden immerhin eine Einlagensicherung. Ist für die Versicherungsbranche Ähnliches vorgesehen? 

 

Sven Enger: „Wenn man ehrlich ist, hatten wir in der Bankenkrise Glück, weil die Menschen der Politik vertraut haben. Ihnen wurde zugesagt, dass ihr Guthaben sicher sei und man die Probleme in den Griff bekommt. Spätestens in der Retrospektive ist jedoch klar, dass man hier seitens der Verantwortlichen zu einer Notlüge gegriffen hat, denn die Summen, um alle Spareinlagen gegenzufinanzieren, hätte niemand aufbringen können. 

 

Es ist daher ehrlicher, dass zum Beispiel die Einlagensicherung für Privatkunden bei Banken auf 100.000 Euro begrenzt ist; diese Sicherheit kann man gewährleisten. Doch vergleichbare Mechanismen gibt es bei Lebensversicherungen nicht. 

 

Was bleibt, ist eben nur die Protektor Lebensversicherungs-AG. Meine Einschätzung ist allerdings: Es genügen Insolvenzen von einigen wenigen kleineren Anbietern oder das Scheitern eines großen Unternehmens und wir erleben eine wirtschaftliche Krise, die mindestens so einschneidend wird wie die von 2008.“

 

SQUAREVEST.AG: Es können also weder der Staat noch Protektor dafür garantieren, dass die Kundengelder sicher sind. Besteht trotzdem Grund für Optimismus oder zumindest für Hoffnung? 

 

Sven Enger: „Leider kann ich keinen Anlass für Optimismus finden. Das Grundproblem ist klar: Wenn die Investitionen nicht einmal durch einen jährlichen Bundeshaushalt abgesichert werden können, dann kann Protektor dies erst recht nicht leisten. Erschwerend kommt hinzu, dass wir ab einem bestimmten Punkt einen Dominoeffekt sehen werden. Sollten immer mehr Versicherte erkennen, dass ihr Anbieter früher oder später den Weg in die Insolvenz antreten muss, werden diese Menschen aus guten Gründen versuchen, ihr Geld zu schützen und die Verträge zu kündigen. 

 

Es gibt also sehr sicher einen Kipppunkt, an dem das gesamte System der Lebensversicherungsgesellschaften kollabiert. Wenn es so weit ist, könnten Billionen Euro an Kundengeldern vernichtet werden und das stellt eine ernsthafte Gefahr für unsere gesamte Wirtschaft dar.“

Vertragshilfe24 Sven Enger: Abwicklung der Kapitallebensversicherung bringt mehr als Kündigung

 

SQUAREVEST.AG: Bei diesen Aussichten werden viele Versicherte um ihre Investition bangen. Kann man als einzelne Person etwas tun, um sich vor einem Totalverlust zu schützen?  

 

Sven Enger: „Mein Rat an Menschen, die eine Lebensversicherung besitzen, ist: Handeln Sie, solange Sie dazu noch in der Lage sind. Meiner Einschätzung nach lautet die Frage nicht, ob es zu einem Kollaps bei den Lebensversicherungen kommt, sondern wann. Für die einzelne Kundin oder den einzelnen Kunden wird es dann allerdings zu spät sein, um das investierte Geld ausbezahlt zu bekommen. Entweder wird die BaFin dafür sorgen, dass Versicherungen nichts mehr auszahlen müssen, um die Konzerne zu stützen, oder die Lage ist bereits so prekär, dass Auszahlungen schlicht nicht mehr möglich sind.“

 

Anmerkung der Redaktion: Die Aufsicht BaFin kann einen Auszahlungsstopp der Lebensversicherung nach § 314 VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz) anordnen, wie Sven Enger im Interview mit Business-Leaders.net vertiefte.

 

Zusätzlich können die Lebensversicherungskonzerne selbst eine Leistungskürzung und Prämienerhöhung nach § 163 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) vornehmen, wie Sven Enger auf Scoredex.com näher erläuterte.

 

Sven Enger weiter: „Für manche Menschen ist eine Kündigung des Vertrages eine schnelle und zielführende Lösung. Doch insbesondere bei Policen, die noch eine längere Laufzeit haben, empfehle ich die Prüfung einer Abwicklung der Lebensversicherung. Denn durch sie erhält man die Chance, weitere Ansprüche gegenüber den Anbietern durchzusetzen.“ 

 


SQUAREVEST.AG: Herr Enger, wir danken für das Interview.

 

Weitere Informationen zur Situation der Lebensversicherungen und der mangelhaften Absicherung der Verbraucherinnen und Verbraucher finden Sie in dem folgenden Videobeitrag von Sven Enger in Zusammenarbeit mit dem Verbraucherportal Vertragshilfe24: 

 

Krise der Lebensversicherungen kann Verbraucher hart treffen.

Der Versicherungs-Insider Sven Enger aus Hamburg und die Vertriebsexpertin Liane Kirchenstein aus Baar in der Schweiz arbeiten bei Vertragshilfe24 zusammen © Vertragshilfe24.de
Der Versicherungs-Insider Sven Enger aus Hamburg und die Vertriebsexpertin Liane Kirchenstein aus Baar in der Schweiz arbeiten bei Vertragshilfe24 zusammen © Vertragshilfe24.de

Vertragshilfe24 bietet Hilfe bei Rückabwicklung von Kapitallebensversicherungen

 

Weil die Versicherungsleistungen nicht sicher sind, hat sich der einstige Vorstand der Skandia Lebensversicherung AG in Berlin und einstige Geschäftsführer des schottischen Lebensversicherers Standard Live in Edinburgh Sven Enger dem Team von Liane Kirchenstein (58) angeschlossen. Die Berliner Unternehmerin lebt in der Schweiz und betreibt seit November 2020 mit ihrer Konzeptional GmbH aus Baar das Verbraucherportal Vertragshilfe24.de.

 

Liane Kirchenstein und ihr Team haben ein zweistufiges Ausstiegsverfahren aus einer unrentablen Lebensversicherung entwickelt, bei dem der Kunde ein Vielfaches aus dem Rückkaufswert herausbekommen kann, wie sie im Interview hier auf Business-Leaders.net erläuterte.

 

Die Wirtschaftsauskunft Scoredex.com hat das Betreiber-Unternehmen Mitte Dezember 2023 neu eingewertet. Es hat Transparenz und Seriosität unter Beweis gestellt. Das Dossier finden Sie hier zum Herunterladen.

 

Außerdem stellte Liane Kirchenstein auf Scoredex.com klar, warum man getrost auf 10 Versicherungen verzichten kann. 

Alternativen zu Lebensversicherungen

 

Gibt es sinnvolle Alternativen zur Lebensversicherung?

 

Lebensversicherungen sind nach Recherchen von SQUAREVEST.AG nur für die Absicherung des eigenen Ablebens geeignet, nicht zur Kapitalbildung. Es gibt aber noch andere Investitionsmöglichkeiten, um zum Beispiel die Versorgungslücke im Renteneintrittsalter zu schließen, wie SQUAREVEST.AG berichtete:

 

 

Einen Vergleich zwischen Risikoversicherungen, Kapitallebensversicherungen und fondsgebundenen Lebensversicherungen und ihrer aktuellen Sinnhaftigkeit finden Sie hier auf SQUAREVEST.AG unter diesem Link.

 

(In Zusammenarbeit mit Autor Frank Maiwald)

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Thomas Breithaupt

Thomas Breithaupt

Redakteur

Mit einer Leidenschaft für Technik- und Finanzthemen war der Schritt vom Physikstudium zum Wirtschaftsjournalismus vorprogrammiert. Das analytische Denkvermögen hilft, sachlich zu berichten und neben der Entwicklung von Software eine fundierte Berichterstattung zu erstellen. Zwischen den Recherchen hilft Sport dabei, einen klaren Kopf zu bewahren und hält fit für den Surfurlaub.

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